Ab dem Schuljahr 2026/2027 besteht für Grundschulkinder der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Für Niedersachsen stellt der Bund dazu bis 2027 ca. 300 Millionen Euro zur Verfügung. Damit das Geld allerdings abgerufen werden kann, muss seitens des Landes ein 30 prozentiger Eigenanteil organisiert werden. Im geplanten Nachtragshaushalt wurde von der grünen Kultusministerin Julia Willie Hamburg kein einziger Euro eingestellt, womit klar wird, dass im Jahr 2023 keine Ganztagsförderung mehr erfolgen kann.
Auf den Brandbrief des niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, indem auch die Gemeinde Jade Mitglied ist, gab es aus dem Ministerium lediglich wolkige Beschwichtigungen. Was das für ländliche Kommunen bedeutet, davon konnte sich die CDU-Landtagsabgeordnete Katharina Jensen gemeinsam mit dem bildungspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Christian Fühner aus Lingen in der Deichschule in Schweiburg überzeugen.
Die kleine Schule ist mit ihren 66 Schülerinnen und Schülern und sechs Lehrkräften modern aufgestellt, in den Bereichen Digitalisierung und Inklusion ist sie als Hospitationsschule stark gefragt. Schulleiter Philipp Gärtner möchte sich auch für den Ganztag auf den Weg machen, dazu bedarf es aber einer Mensa und zusätzlicher Räume: „Die Schule ist in die Jahre gekommen, ein Umbau im Bestand wäre teurer als ein Neubau. Eigentlich wollten wir zum nächsten Schuljahr mit dem Ganztag beginnen, aber solange die Finanzierung nicht geklärt ist, hängen wir in der Luft.“
Bürgermeister Henning Kaars verdeutlichte das Problem: „Um unsere beiden Grundschulen fit für den Ganztag zu machen, rechnen wir mit einer Investition von mindestens 8 Millionen Euro. Das können wir als strukturschwache Kommune nicht alleine stemmen. Wann können wir endlich mit einer Förderrichtlinie rechnen? Die Konzepte liegen fertig in der Schublade, aber wir kommen einfach nicht weiter.“ Zu oft komme es vor, dass Bund oder Land die Musik bestellen und Jade als kleine Kommune müsse bezahlen, so Kaars weiter.
Christian Fühner versprach, die Ministerin nicht aus der Verantwortung zu lassen. „Bei den Sprach-Kitas haben wir erreicht, dass das Programm fortgesetzt wird, bei der Ganztagsschule werden wir auch nicht lockerlassen. Eine erste Anhörung hat auf Antrag der CDU im Ausschuss an diesem Freitag bereits stattgefunden. „Leider wurde dort deutlich, dass die grüne Ministerin mit ihrem Ministerium auf Zeit spielt. Es gibt keinen zeitlichen Fahrplan und die Kommunen bleiben weiter mit großer Unsicherheit alleine“, fasst Fühner die aktuellen Erkenntnisse zusammen.
Katharina Jensen befürchtet, dass die Ministerin daraufsetzt, dass die Kofinanzierung von den Kommunen geleistet wird. „Das werden wir nicht akzeptieren.“ Falls die Förderrichtlinie erst ab 2024 aktiviert würde, müsse zumindest geregelt werden, dass ein vorgezogener Maßnahmenbeginn unschädlich für die Förderung ist. „Ansonsten ist der Termin 1. August 2026 nicht zu schaffen.“
Die friesische CDU-Kreisvorsitzende Christel Bartelmei, die mit dem Vorsitzenden der CDU Jade, Knut Brammer, ebenfalls an dem Termin teilnahm, berichtete von ihren Gesprächen zum Ganztag in Friesland. Sie wies darauf hin, dass sowohl bei der Förderrichtlinie als auch bei späteren Betriebskostenzuschüssen regionale Besonderheiten zu berücksichtigen seien. So müsse es weiterhin möglich sein, Vereine einzubinden und es dürften nicht nur Mensen, sondern auch veränderte Raumkonzepte gefördert werden. „Wir müssen mehr Vertrauen in die Arbeit vor Ort haben, keine unnötigen bürokratischen Hürden aufbauen und ausreichend lange Fristen zur Realisierung der Umbaumaßnahmen einplanen.“
Katharina Jensen zeigte komplettes Unverständnis, dass die wichtigen Schul-Investitionen für Jade weiterhin ausgebremst werden: „Ministerin Willie Hamburg muss endlich aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen!”