APPELL – Abgeordnete wenden sich mit offenem Brief an Landesregierung
Jan-Ole Smidt
BOCKHORN. (jos) Mit einem offenen Brief wenden sich die CDU-Politikerinnen Anne Janssen (MdB) und Katharina Jensen (MdL) jetzt an die Landesregierung in Hannover: Es geht den beiden unter anderem auch um die friesländische Gemeinde Bockhorn, denn genau dort soll die neue Stromtrasse „Wilhelmshaven2-Conneforde“ (WiCo2) als Oberlandleitung durch das Wohngebiet „Am Urwald“ verlaufen. Die Anwohner haben sich in der Vergangenheit vehement gegen das Vorhaben gewehrt und bereiten – wie berichtet – ein Klageverfahren gegen den Netzbetreiber Tennet vor, der die Leitung bauen soll.
Erdverkabelung anstoßen
Die Politikerinnen kommen beide aus dem Wahlkreis Friesland-Wilhelmshaven-Wittmund und wollen mit diesem Appell den Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner sowie den der sensiblen Naturschutzräume gewährleisten, heißt es zu Beginn im Brief. Explizit richtet sich das Schreiben an Ministerpräsident Stephan Weil und Landeswirtschaftsminister Olaf Lies, beide von der SPD, die sich im Bundesrat für die Ermöglichung von Teilerdverkabelungen bei der 380-kV-Trasse WiCo2 stark machen sollen. Denn bislang kann Netzbetreiber Tennet keine Erdverkabelung in seine Pläne einbeziehen und muss mit Oberlandleitungen planen, heißt es auf Nachfrage der Redaktion. Tennet fehle bislang die Grundlage in seinem gesetzlichen Auftrag zum Bau der Trasse, so Sprecherin Marlene Böger: „Tennet darf in diesem Fall kein Erdkabel planen und bauen.“
Langfristig Konflikte vermeiden
Das soll sich aber ändern, denn Janssen und Jensen wollen mit ihrem Appell an die Landesregierung erreichen, dass die Kennzeichnung „F“ in der Planung für WiCo2 durchgesetzt wird. „Die Kennzeichnung im Netzentwicklungsplan stellt eine zentrale Grundlage dar, um solche Teilerdverkabelungen zu ermöglichen“, so die Abgeordneten in ihrem offenen Brief. Der Bundesrat könnte durch gezielte Empfehlungen dazu beitragen, die Kennzeichnung „F“ breiter einzusetzen, heißt es weiter. Anne Janssen und Katharina Jensen bitten Olaf Lies und Stephan Weil, sich für die Verankerung von Ziffer „F“ einzusetzen und für eine politische Lösung zu werben, die den gestiegenen Anforderungen an eine raum- und umweltverträgliche Netzplanung gerecht werde. Dieses Engagement solle langfristig Konflikte – wie in Bockhorn – vermeiden und breite Akzeptanz schaffen.
„Jetzt nicht sparen“
Unterstützung findet der Brief im niedersächsischen Wirtschaftsministerium bereits. Auf Nachfrage der Redaktion erläutert Sprecher Florian Mosig, dass Minister Olaf Lies sich vergangenes Jahr bereits für Erdverkablungen ausgesprochen habe, „denn Norddeutschland trägt die Hauptlast bei der Energiewende“, so Mosig. „Wenn wir jetzt von der Erdverkabelung wieder abweichen, konterkarieren wir den mühsam geschaffenen, mehrheitlichen gesellschaftlichen Konsens für den Ausbau der Netze.“ Freileitungen seien selbstverständlich günstiger, so der Sprecher weiter, aber die Regierung könne es sich nicht erlauben, beim Leitungsausbau zu sparen und auf Erdkabel zu verzichten. „Wenn wir jetzt die Akzeptanz gefährden, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Energiewende nicht gelingt.“
Unklare Lage in Bockhorn
Netzbetreiber Tennet sieht in puncto Erdverkabelungen allerdings wenig Erfolgschancen. Wie Sprecherin Marlene Böger einordnet, ist aus technischer Sicht unklar, ob im Bereich Bockhorn ausreichend Platz für ein weiteres Erdkabel wäre. „Ebenso zu beachten ist der Aspekt Zeit, denn eine Umplanung würde enormen Verzug für das gesamte Projekt bedeuten“, so Böger. Dieser zeitliche Verzug hätte unmittelbare Auswirkungen auf viele energierelevante Projekte im Raum Wilhelmshaven und Friesland, deren Realisierung damit ebenso verzögert wäre.